Kapitel 9 - Winternachmittag
Samuel stand auf und ging zu einer unscheinbaren Wand im hinteren Teil seines Büros. Mit leichtem Druck auf eine versteckte Konsole öffnete er ein geheimes Fach.
Tavin trat einen Schritt näher und betrachtete das Verborgene. „Das ist beeindruckend, Samuel. Was genau haben Sie damit vor?“
Samuel lächelte und betrachtete den Gegenstand. „In dieser Stadt geschehen Dinge, Tavin, die besondere Aufmerksamkeit erfordern.“ Er ging in sein Ankleidezimmer, stellte sich vor den großen Spiegel in seinem Schlafzimmer und zog seinen maßgeschneiderten Abendanzug an. Plötzlich stand Tavin neben ihm. "Tavin, kannst du das, was ich dir gezeigt habe, mit deinem verformbaren Material nachmachen?" Tavin brauchte nur wenige Sekunden, um zu antworten: "Ich werde es scannen und testen. Samuel nickte und Tavin verließ den Raum. Der dunkle, perfekt geschnittene Stoff schmiegte sich an seinen durchtrainierten Körper. Gerade als er seine Manschettenknöpfe anlegte, öffnete sich die Tür und Evelyn trat ein.
„Der Wagen ist fertig, Samuel“, sagte sie mit ruhiger, direkter Stimme.
Samuel nickte, warf einen letzten Blick in den Spiegel und folgte ihr aus dem Zimmer. Gemeinsam gingen sie den langen Flur entlang, der zum Haupteingang führte. Das Fahrzeug, das Evelyn erwähnt hatte, war ein eleganter Skidcar, der speziell für ihn und seine Bedürfnisse umgebaut worden war.
„Hast du alles für die Party vorbereitet?“, fragte Samuel, als er einstieg.
Evelyn nickte und schloss die Tür. „Ja, alles ist vorbereitet. Die Gästeliste ist im System.“
Der Motor des Wagens summte leise, als er sich sanft in Bewegung setzte. Die Straßen von Saint Veronika waren ruhig und von den kalten, klaren Lichtern der Stadt erhellt. Schneeflocken wirbelten im Lichtkegel der Scheinwerfer, als der Wagen durch die Winternacht glitt.
Samuel lehnte sich zurück und betrachtete die Schneeflocken, die im Licht glitzerten. Schließlich hielt der Wagen vor einem imposanten Gebäude, dessen Eingang in warmes, einladendes Licht getaucht war. Der Baustil erinnerte an die frühe Kolonialzeit. Die Ecken und Säulen der Veranda waren aus weißem Stein. Die Wände des Hauses waren aus rotem Backstein. Der Portier, der vor dem Gebäude wartete, begrüßte ihn mit einem höflichen Nicken, als er aus dem Auto stieg.
„Guten Abend, Herr Palmer“, begrüßte der Portier Samuel.
Samuel nickte ihm zu und trat durch die großen, kunstvoll verzierten Türen. Leise Musik und Stimmengewirr empfingen ihn, als er die Party betrat. Die Reichen und Einflussreichen der vereinigten Republik waren hier versammelt, gekleidet in ihre besten Roben und Juwelen.
Mit einem charmanten Lächeln auf den Lippen mischte sich Samuel unter die Gäste. Der Raum war erfüllt von Gesprächen, Lachen und dem leisen Klirren von Champagnergläsern. Geschickt bewegte er sich durch die Menge, grüßte hier und da bekannte Gesichter und zog mit seinem charmanten Lächeln und seinem selbstbewussten Auftreten die Aufmerksamkeit der Anwesenden auf sich.
Als er sich an der Bar ein Glas Champagner holte, kam ein Mann auf ihn zu, der nur wenig älter war als Samuel. „Mr. Palmer, wie schön, Sie hier zu sehen. Wie läuft es bei Pretorius Tech?“, fragte der Fremde.
Samuel lächelte und lehnte sich lässig an die Bar. „Ach, das Übliche. Innovation, Fortschritt, die Welt ein bisschen besser machen. Wer sind Sie?“ Er nahm einen Schluck Champagner. „Ich bin Isaac Owen.“ Isaac lachte höflich. Samuel hatte noch nie von ihm gehört. "Verzeihen Sie meine Unhöflichkeit. Ich war seit zehn Jahren nicht mehr in diesem Land. Woher kennt man Sie, Mr. Owen?"
"Zehn Jahre? Beeindruckend! Ich habe hier und da gut investiert, die Börse ist mein Zuhause."
"In was haben sie investiert?", fragte Samuel und blickte in sein Glas. "Oder verraten sie ihre wahren Beweggründe?"
"In gute Projekte wie ihre Firma. Mir gehören jetzt vier Prozent." Owen nickte dem Barkeeper zu und mixte zwei Gläser. "Dann hätten wir uns spätestens beim Investorentreffen gesehen, bei so vielen Anteilen hätten sie eine Einladung bekommen." Er nahm die Gläser und reichte Samuel eines davon. "Ich habe genug von diesem Hurenschnaps. Trinken wir einen guten Gin." Samuel nahm das Glas und nickte zustimmend. "Ja, ich wollte Sie erst einmal kennenlernen. Ich habe gehört, Sie sind viel in der Welt herumgekommen, haben in den Außenbüros Ihrer Firma gearbeitet. Wirklich beeindruckend. Sie hätten auch hier in Saint Veronika auf dem Chefsessel sitzen können." Samuel trank einen Schluck. Dafür, dass er noch nie etwas von Isaac Owen gehört hatte, kannte er viele Details aus seinem Leben. "Sie sind sehr gut informiert. Wissen Sie, ich sage meiner Assistentin Bescheid, dann können wir uns zusammensetzen und in Ruhe reden." Isaac schlug Samuel mit der Faust auf die Schulter. "Das ist ein fantastischer Vorschlag. Du kannst mich Isaac nennen."
"Ja, klar, du kannst mich auch Samuel nennen." Bevor Samuel weiter antworten konnte, spürte er eine Hand auf seiner Schulter. Er drehte sich um und blickte in die Augen einer attraktiven Frau mit einem aufreizenden Kleid und einem verführerischen Lächeln. Er wandte sich wieder Isaac zu: "Siehst du, ich habe wichtige Verpflichtungen!" Isaac lachte nur und ging allein davon. „Mr. Palmer, ich habe schon so viel von Ihnen gehört. Darf ich mich zu Ihnen setzen?“
„Natürlich, meine Liebe, wie könnte ich da widerstehen?“ Samuel stellte sein Glas ab und legte einen Arm um die Taille der Frau, die sich als Natasha vorstellte. Gemeinsam gingen sie zu einer gemütlichen Sitzecke abseits des Partytrubels.
Während sie sich setzten, lachte er über ihre Witze, machte ihr charmante Komplimente und genoss die Aufmerksamkeit, die sie ihm schenkte. Natasha war eindeutig eines der „leichten Mädchen“, die auf Partys wie dieser nur allzu gern die Gesellschaft reicher und mächtiger Männer genossen. Samuel wusste, dass das zum Spiel gehörte, und es widerte ihn an.
„Weißt du, Natascha“, sagte er schließlich und nahm ihre Hand, „manchmal wünsche ich mir, ich könnte alles hinter mir lassen und ein einfaches Leben führen.“ Er wusste nicht, warum er plötzlich in ein tiefes Gespräch verfallen war.
Sie lächelte und legte ihren Kopf an seine Schulter. „Aber du bist Samuel Palmer. Das wird niemals passieren. Und das ist auch gut so.“
„Vielleicht hast du recht“, murmelte Samuel.
Wenig später verließ Samuel schließlich die Party in Begleitung von drei Frauen, die offensichtlich mehr mit ihm vorhatten. Er ließ sich von seinem Fahrer nach Hause bringen und genoss die Fahrt durch die nächtlichen Straßen von Saint Veronika. Das kühle Winterlicht spiegelte sich in den glitzernden Schneeflocken, die sanft vom Himmel fielen.
Als sie vor seinem historischen Herrenhaus hielten, stieg Samuel aus und wandte sich an den Fahrer. „Bringen Sie die Damen bitte sicher nach Hause“, sagte er höflich und mit einem charmanten Lächeln.
Die Frauen wirkten enttäuscht, aber Samuel lächelte sie sanft, aber bestimmt an. "Es war ein schöner Abend, aber ich glaube, es ist besser so. Meine Damen!"
Mit einem kurzen Winken verabschiedete er sich von den Frauen und sah dem Wagen nach, der in der Dunkelheit der Nacht davonfuhr. Er atmete tief ein, die kalte Luft füllte seine Lungen, dann trat er durch das schmiedeeiserne Tor in Richtung seines Anwesens.
Drinnen war es still. Die Möbel waren noch mit weißen Tüchern verhüllt und der Geruch der vergangenen Jahre hing in der Luft. Samuel zog seinen Mantel aus und ließ ihn achtlos auf einen der verhüllten Sessel fallen. Er ging direkt in sein Büro, wo er sich mit einem Glas Scotch in seinen Ledersessel fallen ließ.
Während er einen Schluck nahm, öffnete sich leise die Tür und Evelyn trat ein. „Alles in Ordnung, Samuel?“, fragte sie.
„Ja, Evelyn“, antwortete er mit einem müden Lächeln. „Nur wieder ein langer Abend. Was gibt es Neues?“
„Nichts Dringendes“, sagte sie und ging auf ihn zu. „Ich wollte mich nur vergewissern, dass du gut nach Hause gekommen sind.“
„Danke“, murmelte Samuel und stellte sein Glas ab.
Evelyn lächelte. „Ich mache uns noch einen Tee, und dann solltest du versuchen, etwas Schlaf zu bekommen.“
Samuel nickte dankbar. „Klingt nach einer guten Idee.“ Als Evelyn den Raum verließ, lehnte er sich zurück und schloss die Augen.
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